In diesem Ratgeber dreht sich alles um den Rohstoff Baumwolle. Jeder hat in irgendeiner Form Baumwolle-Textilien bei sich im Kleiderschrank. Funktionsbekleidung setzt nur noch begrenzt auf den natürlichen Stoff. Dieser bietet natürlich nach wie vor viele Vor- und Nachteile. Auch die Produktion von Baumwolle wollen wir etwas genauer beleuchten, da problematische Aspekte aus der Herstellung vom Textilhandel gerne unter den Tisch gekehrt werden.
Was ist Baumwolle (Cotton)?
Baumwolle (engl. cotton) ist eine weiche, strapazierfähige und atmungsaktive Naturfaser, die bis zu 20 Prozent ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen kann, ohne sich nass anzufühlen. Allerdings trocknen Baumwolltextilien sehr schlecht. Unter Vorbehalt gilt die Faser als hautfreundlich. Vorbehalt deshalb, weil beim Anbau und bei der konventionellen Verarbeitung so viele Chemikalien eingesetzt werden, dass es zu Hautirritationen kommen kann.
Baumwolle ist ein natürliches Textilfasermaterial, das aus den Samenhaaren der Baumwollpflanze gewonnen wird. Es ist weich, atmungsaktiv und hautfreundlich und wird häufig für Kleidung, Bettwäsche und andere Textilien verwendet.
Der Bedarf an Baumwolle ist auch außerhalb der Textilindustrie enorm. Öl, Schmiermittel, Sprengstoff oder Papier für Euro-Scheine – auch hier ist Baumwolle im Spiel.
Sie wächst an kleinen Bäumchen bzw. Sträuchern in Asien, Afrika, in den USA und Südamerika, aber auch in der Türkei, Griechenland und Spanien, weltweit auf 35 Millionen Hektar Land. Bei relativ gleichbleibender Fläche stieg der Baumwollbedarf seit den 70er-Jahren um das Dreifache.
Was sind die Eigenschaften von Baumwollstoffen bei Textilien?
Baumwolle speichert viel Wasser und eignet sich daher nur bedingt als Funktionswäsche. Aber textile Baumwollfasern sind auch sehr leicht und saugstark. Außerdem ist der Stoff extrem robust und zäh und wird daher gerne für T-Shirts oder Hemden verwendet.
Im Einzelnen kann man die Eigenschaften von Baumwolle folgendermaßen aufzählen:
- saugstark
- hautfreundlich
- geringes Allergiepotenzial
- sehr hitzebeständig
- im nassen Zustand reißfester als im trockenen
- strapazierfähig und dehnbar
- langlebig und pflegeleicht
Was ist der Unterschied zwischen Baumwolle und Cotton?
Es gibt keinen Unterschied zwischen Baumwolle und Cotton. „Cotton“ ist lediglich der englische Begriff für „Baumwolle“. Beide Begriffe beziehen sich auf das gleiche natürliche Textilfasermaterial, das aus den Samenhaaren der Baumwollpflanze gewonnen wird.
Wie wird Baumwolle für Bekleidung gewonnen?
Bauwollstoffe und ihr Wasserverbrauch
Baumwolle gehört zu den Malvengewächsen. Keine andere Pflanze braucht während ihrer Wachstums- und Verarbeitungsphase so viel Wasser wie Baumwolle. Am Ende stecken in einem T-Shirt von 250 g durchschnittlich 2500 Liter Wasser. Etwa die Hälfte der Baumwollsträucher wird auf Feldern angebaut, die künstlich bewässert werden müssen. Dieses Wasser fehlt gerade in ärmeren Ländern, wo die Baumwollproduktion meist stattfindet, natürlich an anderer Stelle.
Ein Beispiel für die fatalen Folgen, die daraus entstehen, ist der Aralsee, der einst viertgrößte Binnensee der Welt auf der Grenze von Kasachstan und Turkmenistan: Jahrzehntelang wurden aus seinen Zuflüssen enorme Wassermengen abgezweigt, bis aus einem See zwei wurden.
Im Herbst 2014 meldete dann die NASA, dass der Ostteil des Sees erstmals seit mindestens 600 Jahren vollständig ausgetrocknet sei. Der trockene Boden ist so salzig und mit Pestiziden vergiftet, dass er landwirtschaftlich nicht mehr genutzt werden kann.
Es gibt einige Non-Profit-Organisationen, welche sich für einen fairen und nachhaltigen Handel mit Baumwolle einsetzen. Natürlich gestaltet sich dies aufgrund des massiven Preisdruckes großer Modehäuser bisweilen sehr schwierig.
Der Verbrauch an Pestiziden ist enorm
Baumwolle wächst sehr langsam. Nach der Ernte bleibt kaum Zeit für den Anbau von Zwischenfrüchten, die den Boden verbessern und „Unkräuter“ unterdrücken könnten. Nach kurzer Pause wird oft wieder Baumwolle ausgesät. Fungizide gegen Pilze, Herbizide gegen „Unkräuter“, Insektizide gegen Insekten, all diese Pestizide werden zwischen 14 und 30 Mal pro Saison gespritzt.
In den letzten Jahren kam es nun zunehmend zu Resistenzen gegen diese Gifte, die auch ausgewaschen werden, sodass sie in den Flüssen und letztendlich über das Grundwasser im Trinkwasser landen. Abhilfe versprach die von vielen Medien und Ethikern verteufelte Gentechnik.
Gentechnik sollte die Pestizide verdrängen
Die Pflanze wird genetisch so verändert, dass sie sich selbst gegen ihre äußeren „Feinde“ wehren kann – so das Versprechen der Gentechnik. Die erste gentechnisch veränderte Baumwolle („Bt Cotton“) wurde 1996 in den USA angebaut. Sie enthält ein Gen des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis (Bt), das ein Gift produziert, das für Baumwollkapselwürmer tödlich ist. Doch das neu eingesetzte Gen hat Nebenwirkungen: Das eigene Abwehrsystem der Baumwollpflanze knickt ein, wovon andere Insekten wie Blattläuse profitieren.
Andere genveränderte (Gv-)Baumwollarten wollen unempfindlich gegen „Unkräuter“ und Pilze, Kälte, Hitze und Trockenheit sowie Salze sein. Gleichzeitig sollen an den Samenkörnern längere Haare wachsen und die Pflanze selbst auch noch als Nahrungsmittel genutzt werden können. Zu guter Letzt wünschen sich Gentechniker farbige Haare. 2013 waren bereits 80 Prozent der Baumwolle genmanipuliert.
Die Gv-Pflanzen brauchen oft noch mehr Wasser, um gedeihen zu können. Noch verheerender ist, dass aus ihnen kein Saatgut gewonnen werden kann. Die Bauern müssen es jedes Jahr neu kaufen, was oft nur über Kredite möglich ist. Gleichzeitig werden teure Spritzmittel verkauft. Folgt dann eine Missernte, können Gläubiger nicht mehr bedient werden. Im schlimmsten Fall verlieren die Bauern ihr Land. Viele sehen dann nur im Selbstmord einen Ausweg.
Wo wird Baumwolle für unsere Bekleidung hergestellt?
Baumwolle wird vor allem in Afrika, Indien, den USA oder auch China angebaut. Aber auch in Mittelamerika und sogar Australien gibt es viele Anbaugebiete.
Die Herkunft der Baumwolle sind eigentlich Samenhaare. Sie quellen aus der reifen Frucht, einer Kapsel, hervor, sobald diese aufplatzt. In jeder Kapsel stecken ca. 30 Samen mit bis zu 7.000 Samenhaaren. Der Samenflaum (Linter) eignet sich für zellulosehaltige Produkte, lange Samenhaare (Lint) für die Textilindustrie. Je länger die Fasern, auch Stapellänge genannt, umso wertvoller ist die Baumwolle.
Die Ernte der Baumwolle erfolgt in Industriestaaten maschinell, in ärmeren Ländern händisch durch pflücken. Mit Maschinen werden zwar deutlich größere Mengen geerntet, doch ist die Qualität der Baumwolle bei der manuellen Ernte höher, da dabei zwischen frühreifen, reifen und überreifen Kapseln sowie Blättern unterschieden wird. Um diesen Nachteil wett zumachen, werden die Sträucher vor der maschinellen Ernte oft mithilfe von Giften entlaubt.
Nach der Ernte werden die Baumwollhaare von den Samen und anderen Rückständen gelöst. Was bleibt, sind die Fasern der Rohbaumwolle, die von einer dünnen Wachshaut ummantelt sind, die Stoffe aus Rohbaumwolle wasserabweisend macht. Ohne dieses Wachs sind die Fasern saugfähig. In der Spinnerei werden die Fasern dann solange ineinander verdreht und gezogen, bis ein Garn entsteht, das dann gefärbt und zu einem Stoff verwebt oder verstrickt wird.
Zwischen diesen einzelnen Schritten kann die Baumwolle weite Wege zurücklegen: Baumwolle aus Indien kann in China gewebt, in Thailand gefärbt, in Bangladesch zugeschnitten und vernäht werden. Bei einem weiteren Zwischenstopp in Tschechien wird das Etikett angebracht.
Bio Baumwolle – kein leichter Weg
Die Nachfrage für Bio-Baumwolle steigt. Doch erleben viele Bauern, die auf Bio-Baumwolle umstellen, erst einmal eine Durststrecke: Oft fehlt das Wissen, die Böden müssen sich erholen, die Ernte geht zurück – erst nach drei bis fünf Jahren wird der Anbau der Baumwolle als kontrolliert biologisch zertifiziert.
Gerade in dieser Phase sind die Bauern auf fairen Handel angewiesen. Über die damit oft verbundenen höheren Mindestpreise für die Baumwolle können die Bauern den Schuldenkreislauf leichter durchbrechen.
Das Label „Global Organic Textile Standard (GOTS) zertifiziert Baumwolle „aus kontrolliert biologischem Anbau“ (kbA) bzw. aus Betrieben, die umstellen.
GOTS kümmert sich aber vor allem um die Verarbeitung, Konfektion, Verpackung, Kennzeichnung sowie den Handel und Vertrieb der Textilien. So verbietet GOTS sehr viele Chemikalien während des Spinnens, Strickens, Webens, Färbens und Bedruckens sowie bei der Ausstattung mit diversen Ausrüstungen. Daneben werden soziale Mindestanforderungen an die Unternehmen, die das Label nutzen, gestellt.
Auch bei Sportbekleidung ist ein weitaus höherer Anteil von Bio-Baumwolle möglich. Der hohe Bedarf spricht dagegen? – Wer sagt, dass Kollektionen in derart schnellem Rhythmus wechseln müssen? Schließlich geht es um Menschenrechte.
Letztendlich kann auch der Verbraucher Zeichen setzen, indem er verstärkt auf fair gehandelte Bio-Baumwolle zurückgreift. Natürlich schlägt sich das zunächst etwas im Geldbeutel nieder, aber langfristig kann man damit auch bessere Qualität bekommen und muss das neue T-Shirt nicht schon nach ein paar Waschgängen aussortieren.
Cotton made in Africa
Cotton made in Africa (CmiA) ist ein Zusammenschluss von Wirtschaft – z.B. Puma –, Regierungsorganisationen, Stiftungen, NGOs und Baumwollgesellschaften, der durch Handel Hilfe zur Selbsthilfe leistet. Mit dabei ist u.a. auch die gemeinnützige Organisation Better Cotton Initiative (BCI), in der auch die Adidas Group und Nike organisiert sind. BCI, das nicht als Hangtag an Bekleidung sichtbar gemacht wird, stellt aber maximal einen Einstieg in die nachhaltige Baumwollproduktion dar.
So erlaubt BCI weiterhin Gv-Baumwolle und viele Pestizide. Gleichzeitig sollen die ILO-Kernarbeitsnormen zwar eingehalten werden, eingefordert werden sie aber nicht. Anders bei CmiA: Die Initiative konzentriert sich auf afrikanische Kleinbauern. Laut CmiA bauen in Subsahara-Afrika ca. 3,4 Millionen Kleinbauern Baumwolle an, ca. 20 Millionen Menschen leben davon. CmiA schult die Bauern, fördert nachhaltige Anbaumethoden und zahlt stabile Preise mit dem Ziel, dass sich damit auch die Lebensbedingungen verbessern.
Die finanziellen Mittel dafür kommen wie so oft aus den Lizenzgebühren, die die Textilunternehmen für das Siegel bezahlen. An der Textilie weist ein Logo mit dem Zusatz „Supporting the Cotton made in Africa“ darauf hin, dass CmiA-Baumwolle darin enthalten ist. Das Label „Cotton made in Africa Inside“ besagt, dass das Produkt aus 100%-CmiA-Baumwolle besteht. Sie muss aber keine Bio-Baumwolle sein. Außerdem sagt das Label nichts über die Verarbeitung aus.
Nachhaltigkeitskriterien von Baumwollstoffen
Nachhaltige Baumwolle muss nicht, kann aber Bio-Baumwolle sein, denn nachhaltige Kriterien sind vielfältig.
Soziale Kriterien
Zu den sozialen Kriterien zählen die Anerkennung der international anerkannten ILO‐Kernarbeitsnormen (keine Diskriminierung, Verbot von Kinderarbeit und Zwangsarbeit, Recht auf Organisationsfreiheit und kollektive Tarifverhandlungen), existenzsichernde Löhne, Schulungen der Mitarbeiter, Regelungen zu Arbeitssicherheit, Arbeitszeiten und Urlaubszeiten, Beschwerdemöglichkeit der Mitarbeiter und Sozialprämien.
Ökologische Kriterien
Ökologische Kriterien sind der Ausschluss genmanipulierter Baumwolle, der Anbau von Bio-Baumwolle, ein Mindestpreis für Baumwolle, eine ressourcenschonende Produktion, Regelungen zum Chemikalieneinsatz, Gewässerschutz und Abwasseraufbereitung, Immissionsschutz, betriebliches Umweltmanagement und eine komplett ökologische Wertschöpfungskette.
Kriterien des Verbraucherschutzes
Kriterien des Verbraucherschutzes sind der Ausschluss bedenklicher Stoffe bzw. die Einhaltung der Grenzwerte für gesundheitsschädliche Stoffe.
Kriterien der Transparenz
Unabhängige Audits, das öffentlich Machen der Vergabekriterien und ‐verfahren, Label am Endprodukt, eine nachvollziehbare Produktionskette, stichprobenartige Kontrollen, unabhängige Labore, die Einbeziehung von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Gewerkschaften sind die Kriterien der Transparenz.
Quellen und Nachweise
Last modified: 2. November 2023