Ambitionierte Sportler haben hohe Ansprüche an ihre Sportbekleidung. Sie soll vor Wind und Wetter schützen, bequem und gut geschnitten sein sowie leicht und elastisch. Ganz besonders wichtig ist aber das richtige Temperaturmanagement. Denn nur, wenn dem Sportler vor, während und nach dem Sport weder zu warm noch zu kalt ist, kann er seine körperliche Leistungsfähigkeit optimal für sportliche Erfolge ausnutzen. Wenn der Körper friert, verbraucht er seine Energie eher dafür, seine Kerntemperatur aufrechtzuerhalten, als sie in die optimale Muskelleistung stecken zu können. Das Gleiche gilt für eine Überhitzung.
Auch hier muss Energie aufgewendet werden, um den Körper zu kühlen. Und eine drohende Überhitzung ist noch kritischer als die Gefahr zu unterkühlen, denn zum einen hat der menschliche Körper deutlich weniger Hitze- als Kälterezeptoren, und zum anderen hat er nur eine Maßnahme zur Verfügung, seine Temperatur zu senken, und das ist die Produktion von Schweiß. Rund drei Millionen Schweißdrüsen sitzen auf der menschlichen Haut. Sie sind das wichtigste Kühlsystem des Körpers (neben einer zusätzlich gesteigerten Durchblutung) und die effektivste Waffe gegen Hitze.
Durch das Verdunsten der Schweißtropfen auf der Haut wird dem Körper Wärmeenergie entzogen – er kühlt ab. Bei großer Hitze und Belastung werden so rund zwei bis drei Liter pro Stunde ausgeschwitzt. Die Produktion dieser Mengen an Schweiß verbraucht allerdings selbst auch Energie, sodass diese nicht für die sportliche Leistung zu Verfügung stehen kann.
Kühlleistung unterstützen
Also ist es besonders wichtig und sinnvoll, die Kühlleistung des Körpers zusätzlich zu unterstützen. Hier kommen funktionelle Sporttextilien ins Spiel, und zwar vor allem die der ersten Lage, die direkt auf der Haut anliegen. Denn sportliche Bodywear aus den richtigen Materialien kann die Schweißverdunstung auf beziehungsweise an der Haut optimal unterstützen.
So kann die Körperkerntemperatur um rund ein Grad Celsius kühler gehalten werden, als wenn der Schweiß auf der nackten Haut verdunstet. Ein Grad Celsius klingt nach nicht viel, aber wenn man bedenkt, dass sich die Körperkerntemperatur in der engen Spanne von 36,5 bis 37,5 Grad Celsius bewegen muss, kann mit den richtigen kühlenden Textilien viel gewonnen werden.
So wird Wärme abgegeben
Physikalisch gesehen, geschieht Kühlung dann, wenn Wärme abgegeben wird. Das kann durch Wärmeleitung (Konduktion), Wärmeströmung (Konvektion), Wärmestrahlung (Radiation) und Verdunstung (Evaporation) geschehen. Dabei kommt es immer auf mehrere Parameter an, um herauszufinden, welche Form der Wärmeabgabe die effizienteste ist. Für einen Sportler im Sommer und bei hoher Umgebungstemperatur eignet sich die Kühlung durch Verdunstung am besten. Da Wärme immer vom wärmeren zum kälteren Medium wandert, kommt im Sommer ab Temperaturen über 35 Grad Celsius (nicht nur in der Luft, sondern auch durch die Sonnenstrahlung auf der Haut) noch erschwerend hinzu, dass der Körper zusätzlich aufgeheizt wird.
Aktuelle Messungen der Hohenstein Institute geben die idealen physikalischen Methoden zur Kühlung pro Temperaturbereich an und übertragen dies in Eigenschaften, die Sportstoffe haben sollten. In seinem Vortrag auf der Performance Days wird Dr. Jan Beringer von Hohenstein alle relevanten Ergebnisse präsentieren (siehe auch Seite 14–15). Die wichtigste Botschaft in diesem Zusammenhang ist: Je höher die Umgebungstemperatur ist, desto wichtiger ist die Kühlung durch Verdunstung. Optimalerweise bietet die Sportbekleidung aber zusätzlich auch noch Schutz vor Lichteinstrahlung, indem das sichtbare Licht reflektiert wird, damit sich die Oberfläche des Textils nicht zusätzlich aufheizt.
Verdunstung optimieren
Da die Verdunstung von Schweiß im Textil so wichtig ist, forschen Sportbekleidungsmarken sowie Faser- und Stoffhersteller unermüdlich, denn Grundvoraussetzung einer effektiven Kühlung ist, dass der Schweiß tatsächlich verdampfen kann und nicht zwischen Haut und Textil kondensiert, um in flüssiger Form herabzurinnen. Die optimale Verdunstung beginnt mit einer Faser, die eine Dochtwirkung hat, ohne zu große Mengen an Feuchtigkeit zu speichern. Hier haben Chemiefasern eindeutig die Nase vorn. Kein Wunder, dass Stoffe aus Polyamid, Polyester oder Polypropylen die Topseller sind, wenn es um Wäsche für Aktivsport geht. Sie alle speichern so gut wie keine Feuchtigkeit und sind zudem hydrophob, also feuchtigkeitsabstoßend.
Das bedeutet, dass diese den Schweiß nicht aufnehmen, sondern nach außen leiten und großflächig im Textil verteilen, sodass er rasch verdunsten kann. Besonders gut funktioniert dieses Prinzip, wenn die Stoffe zweiflächig gearbeitet sind. Denn wenn auf der Außenseite eine hydrophile, also feuchtigkeitsliebende Faser verarbeitet wird, wird der Sog nach außen noch einmal beschleunigt. Aber auch die hydrophile Seite sollte in der Lage sein, die Feuchtigkeit verdunsten zu lassen und sie nicht zu lange zu speichern. Bei den Naturfasern können das Merinowolle, Tencel und der Newcomer Kapok.
Baumwolle hingegen ist für schweißtreibenden Sport ungeeignet, denn sie hält die Nässe zu einem sehr hohen Prozentsatz fest und gibt sie nur langsam wieder ab. Zum Vergleich: Polyester kann ungefähr 5 % seines Gewichts an Nässe speichern, Polyamid 2–3 % und Polypropylen unter 1 %. Wolle übrigens nimmt bis zu 33 % ihres Gewichts an Feuchtigkeit auf, behält dabei aber immer noch eine trockene Oberfläche. Wolle hat außerdem endotherme Eigenschaften, kann also Wärme aus der Umgebung aufnehmen. Das Gleiche gilt übrigens auch für den Birkenzucker Xylit, der nicht nur in Süßigkeiten, sondern mittlerweile auch in Textilien zum Einsatz kommt und ein kühles Gefühl auf der Haut vermittelt. Wärme wird auch von den PCM (Phase Change Materials) aufgenommen. Hier sorgt die Änderung des Aggregatzustands für diesen Effekt. Im Fall der PCM funktioniert das mittels kleiner Paraffingefüllter Kapseln. Ist der menschliche Körper überhitzt, schmilzt das Paraffin und nimmt Wärme auf. Kühlt der Sportler aus, kann die gespeicherte Wärme zurückgegeben werden.
Textile Kühlung – wissenschaftlich erforscht
Die Schwitzplatte von Hohenstein misst, wie und wann Feuchtigkeit verdunstet.
Mehrere Testinstitute und Dienstleister wie die schweizerische EMPA, das Münchner Unternehmen Inside Climate oder das Forschungsinstitut und Prüflabor Hohenstein testen Parameter rund um das Körperklima. Pionier waren die Hohenstein Institute, die bereits in den 1960er-Jahren die Gliederpuppe Charlie entwickelt haben. Hohenstein hat im Zusammenhang mit dem Tragekomfort von Textilien mehrere Qualitätslabel gelauncht, die messbare Erfolge garantieren, so auch das Label: Tested Quality/Cooling.
Der physikalische „Cooling-Effekt“ von textilen Materialien wird dazu mit dem WATson (Wärme-Abgabe-Tester) gemessen und gibt das Maß für die Verdunstungskühlung eines Textils bei sportlichen Aktivitäten an, also wenn flüssiger Schweiß produziert wird. Dazu ist nur ein Stück Stoff notwendig, kein komplettes Bekleidungsteil, und auch kein Proband in der Klimakammer. Bei der EMPA gibt es den sogenannten „Schwitztorso“, mit dessen Hilfe das Maß der thermischen Isolierung des Stoffs oder Materials in Kombination mit dem Kühleffekt durch Schweißproduktion ermittelt werden kann. Inside Climate bietet mehrere Methoden an, mit denen das Mikroklima zwischen Körper und Textil ermittelt wird. Allerdings hängt die persönliche Empfindung des Sportlers, wie stark er gekühlt wird, auch immer von der Umgebungstemperatur, der Luftfeuchtigkeit und der Menge des Schweißes ab, den er produziert. (alle Fotos: Hohenstein Institute)
Nicht Schweiß auf der nackten Haut kühlt am besten, sondern der „richtige“ Stoff, der mit dem Schweiß arbeiten kann. Das Geheimnis ist, die Verdunstung des vom Körper produzierten Schweißes zu optimieren. Gute Verdunstung kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden.
Jeder Stoff, auch der dünnste, ist ein dreidimensionales Gebilde. Wenn er so konstruiert ist, dass er die Dreidimensionalität stärker hervorhebt, wird die Oberfläche um ein Vielfaches vergrößert. Das kann mittels verschiedener Stricktechniken erreicht werden. Beliebt sind Mesh-Konstruktionen, die dank einer sehr offenen Struktur nicht nur Verdunstung, sondern auch Ventilation begünstigen. Auch Wabenstrukturen oder andere Hoch-Tief-Muster eignen sich hervorragend dazu, die Oberfläche zu vergrößern. Konstruktion spielt aber auch schon beim Garn eine Rolle: So ermöglicht beispielsweise ein Faserquerschnitt, der wie ein Propeller aussieht, ebenfalls eine deutlich größere Oberfläche. Die Kombination aus diesen beiden Möglichkeiten macht einen Stoff dann besonders leistungsfähig.
Additive arbeiten mit Feuchtigkeit und überschüssiger Energie
Auch wenn das Geheimnis der richtigen Verdunstung und damit der Kühlung bei der Faser beginnt, darf man die Additive nicht vergessen. So können beispielsweise Aktivkohlepartikel permanent in die Faser eingebunden werden. Aktivkohle hat durch ihre poröse Struktur eine sehr große Oberfläche – der daraus resultierende Effekt ist klar. Einen anderen Weg gehen die Phase Change Materials (PCM). Sie helfen nicht bei der Verdunstung, sondern entziehen dem Körper überschüssige Wärme durch eine Änderung des Aggregatzustands. Denn die PCM sind mikroskopisch kleine Kapseln, die mit einer bestimmten Paraffinart gefüllt sind. Die Körperwärme bringt das Paraffin zum Schmelzen, und das entzieht dem Körper Energie – kühlt also ebenfalls. Der Effekt funktioniert in beide Richtungen: Sinkt die Körpertemperatur des Sportlers nach dem Training, wird das Paraffin wieder fest und gibt dabei Wärme ab.
Drucke können vielfältige Effekte unterstützen
Ist ein Stoff auf der Innenseite bedruckt, ist die Wirkweise nicht automatisch zu erkennen. Es können beispielsweise die oben erwähnten PCM, oder auch Aktivkohle-Partikel aufgebracht sein. Mittels eines Prints kann die notwendige Menge der wirksamen Stoffe je nach Einsatzbereich genau dosiert werden. Auch Mineralien oder Keramik können in die Trägermasse eingebracht werden. Diese Materialien werden eingesetzt, um Wärmestrahlung, die von außen kommt, abzublocken. Das kann im Sommer ebenfalls einen deutlichen positiven Effekt hervorrufen, besonders wenn dunkle Stoffe auf diese Weise ausgerüstet sind. In Kombination mit einer dreidimensionalen Oberflächenkonstruktion können so verschiedene Wege zur Kühlung kombiniert werden.
Ist ein Stoff auf der Innenseite bedruckt, ist die Wirkweise nicht automatisch zu erkennen. Es können beispielsweise die oben erwähnten PCM, oder auch Aktivkohle-Partikel aufgebracht sein. Mittels eines Prints kann die notwendige Menge der wirksamen Stoffe je nach Einsatzbereich genau dosiert werden. Auch Mineralien oder Keramik können in die Trägermasse eingebracht werden. Diese Materialien werden eingesetzt, um Wärmestrahlung, die von außen kommt, abzublocken. Das kann im Sommer ebenfalls einen deutlichen positiven Effekt hervorrufen, besonders wenn dunkle Stoffe auf diese Weise ausgerüstet sind. In Kombination mit einer dreidimensionalen Oberflächenkonstruktion können so verschiedene Wege zur Kühlung kombiniert werden.
Last modified: 30. Juli 2024