Sport-BH oder Bustier? Meist entscheidet die Sportart, welches Modell empfehlenswert ist. Und doch sind die Grenzen fließend. Egal wie die Entscheidung ausfällt, eines ist klar: Oben ohne geht gar nicht. Die wichtigsten Funktionen der kleinen Textilie sind Halt geben, kühlen und den Schweiß nach außen transportieren.
Egal ob Bustier oder Sport-BH (engl. Bra), beide geben der Brust eine schöne Form, Halt und Stabilität. V.a. die beiden letztgenannten Funktionen sind wichtig, weil die Brust lediglich aus Milchdrüsen, Binde- und Fettgewebe besteht. Bei Aktivitäten mit Auf- und Abwärtsbewegungen der Brust können im Bindegewebe feine, irreparable Risse entstehen, wodurch sie nicht nur ihre Straffheit verliert. Schmerzen können ebenso die Folge sein. Sport-BH-Hersteller versuchen deshalb, die Auf- und Abwärtsbewegungen zu reduzieren.
Sport-BH oder Bustier?
Der Bustier wird über den Kopf gezogen. Er ist zumeist nahtfrei (seamless) verarbeitet und hat kein Verschlusssystem, das für einen Sport-BH selbstverständlich ist. Sein Material muss deshalb auch elastischer als beim Sport-BH sein. Dies erklärt, warum er für Sportarten mit geringer Bewegungsintensität und Übungen in Rückenlage wie im Yoga (Verschlüsse stören!) oder für Frauen mit kleinen Cups geeigneter ist. Auch bei mittlerer Bewegungsintensität und kleinem Körbchen entscheiden sich noch viele Frauen für den Bustier. Der Tragekomfort ist dann das Argument: Viele Sportlerinnen lehnen das nur wenig nachgebende Material des Sport-BHs ab (Abb. 1).
Abb. 1: Die Träger sind beim Bustier schmäler und weniger funktionell als beim Sport-BH, denn auch modische Aspekte sind bei diesen Modellen noch wichtig.
Kompression oder Einkapselung?
Das Konzept, das hinter einem Bustier steht, heißt Kompression. Das Bustier-Material presst die Brust gegen die Brustwand und minimiert so die Auf- und Abwärtsbewegungen beim Sport.
Demgegenüber steht der Sport-BH für Einkapselung: Hier wird jeder Busen einzeln von einem Körbchen umschlossen und mithilfe eines fest sitzenden Unterbrustbandes und einem unnachgiebigen Cup-Material an seinem Platz gehalten – ideal bei mittlerer Bewegungsintensität und größeren Cups.
Maximalen Halt liefert die Kombination aus Kompression und Einkapselung. Sie ist die beste Lösung für Sportarten mit sehr hoher Bewegungsintensität und großen Cups.
Low, middle oder high Impact?
Anhand der Bewegungsintensität der Sportarten legten einige Hersteller drei, manchmal auch vier Impact-Kategorien mit fließenden Grenzen für den Bustier und Sport-BH fest. Grundlage für die Einordnung in die Kategorien ist, wie viel Halt die Textilie garantiert.
Niedriger Halt oder low impact: In dieser Kategorie ist v.a. der Bustier zu Hause. Er wie auch ein Sport-BH dieser Kategorie eignen sich für ruhige Sportarten wie Pilates, Yoga, Wandern, Radfahren usw.
Mittlerer Halt oder medium impact: Sportlerinnen mit kleiner Körbchengröße kommen auch hier noch mit einem Bustier gut zurecht, andere greifen zum Sport-BH. Sportarten wie Nordic Walking, Klettern, Skifahren, Inline-Skating usw. zählen mit ihrer Bewegungsintensität zu dieser Kategorie (Abb. 2).
Abb. 2: Spätestens in der Kategorie ‚medium support‘ wird mit doppellagigem Material gearbeitet, das hier mit seiner 2-in-1-Optik auch dem Design dient.
Starker Halt oder high impact: Bustiers sind hier in der Regel außen vor. Sport-BHs eignen sich besser fürs Laufen, Reiten, Tennis Spielen und alle Ballsportarten. Ihre Konstruktion und die verwendeten Materialien reduzieren die Auf- und Abwärtsbewegungen der Brust, die z.B. beim Running pro Laufschritt 9 Zentimeter betragen kann (Abb. 3).
Abb. 3: Vorgeformte Cups und das verstellbare Unterbrustband bieten beim High-Impact-Sport-BH maximalen Halt.
Bietet ein Hersteller vier Kategorien an, differenziert er noch einmal bei der High-Impact-Version zwischen starkem (Ball- und Racket-Sportarten) und sehr starkem Impact (Running). Die vier Kategorien entsprechen dann auch den vier sogenannten Sport-BH-Levels, mit denen Hersteller ebenfalls arbeiten.
Sport-BHs zählen bekleidungsphysiologisch zur 1. Schicht (First Layer) im Zwiebelprinzip. Als First Layer müssen sie spezielle Funktionen erfüllen, die die Wahl der Materialien begründet: Sport-BHs müssen atmungsaktiv sein, ein gutes Feuchtigkeitsmanagement bieten und schnell trocknen.
Materialien und ihre Funktionen
Synthetische Mikrofasern eignen sich für alle drei Funktionen besser als Naturfasern. Polyamid und Polyester sind nicht nur leicht, sehr haltbar, abriebfest (kein Pilling) und pflegeleicht, sie trocknen auch schnell. Dies verhindert das Auskühlen bei Pausen nach schweißtreibender Aktivität, sorgt aber auch dafür, dass nichts reibt, was bei feuchten oder gar nassen Textilien der Fall sein kann. Gleichzeitig lassen Stoffe aus Kunstfasern, speziell als Mesh, die Luft besser zirkulieren, d.h. sie sind atmungsaktiv und verfügen außerdem über ein gutes Feuchtigkeitsmanagement. Sie ziehen die Feuchtigkeit an, nehmen sie schnell auf (hydrophil) und geben sie nach außen ab, sodass die Haut immer trocken bleibt. Spezielle Ausrüstungen für Fasern sorgen außerdem dafür, dass diese den Körper bei sehr bewegungsintensiven Sportarten kühlen. Andere Ausrüstungen – z.B. mit Silberionen – sind antibakteriell und damit geruchshemmend. Beigefügte Elastan-Fasern geben dem Sport-BH seine Formbeständigkeit und sorgen gleichzeitig für das notwendige Maß an Elastizität.
Partielle Mesh-Einsätze für verbesserte Ventilation machen vor allem in den Sport-BHs für schweißtreibende Sportarten Sinn, denn gerade dort wird, um den notwendigen Halt zu garantieren, oft mit mehr und mit zweilagigem Material gearbeitet, das die komplette Brust abdeckt. Mesh-Gewebe vorne zwischen den Cups oder am Rücken belüften die Stellen, wo sich beim Sport die Schweißtropfen sammeln, und sorgen dafür, dass die Feuchtigkeit schnell nach außen transportiert wird (Abb. 4).
Abb. 4: Mesh-Einsätze gibt es wie hier zwischen den Cups, auf den Seiten und beim sogenannten Ringer- oder Racerrücken.
Verarbeitung und Komfort
Um Hautreizungen durch Reibung zu vermeiden, werden die Stoffe nahtlos oder mit so wenig (Flach-)Nähten wie möglich verarbeitet.
Cups
Je notwendiger die Funktion des Halts ist, desto mehr Stoff wird eingesetzt (Abb. 5). Bei zweilagigen Stoffen ist der innere Stoff hydrophil, d.h. er zieht die Feuchtigkeit an. Über den äußeren wird diese dann schnell an die nächste Bekleidungsschicht abgegeben. Netzartige Stoffe machen den Sport-BH atmungsaktiver und leichter.
Abb. 5: Vorgeformte Cups zumeist auf der Innen-, aber auch auf der Außenseite maximieren bei bewegungsintensiven Sportarten den Halt. Unterstützend wirken die Stoffsicheln (grün) auf den beiden Cup-Seiten.
Manche Modelle haben auch wattierte bzw. gepolsterte Cups, wobei die Pads teilweise auch herausgenommen werden können. Diese erfüllen vier Funktionen: Sie sind ein zusätzlicher Schutz, sorgen für Blickdichte und verleihen der Brust mehr Volumen und eine schöne Form. Allerdings gehen sie zulasten des Feuchtigkeitsmanagements, da sie sich vollsaugen können. Der Feuchtigkeitstransport muss dann an anderer Stelle optimiert werden.
Bügel finden bei Sport-BHs kaum Verwendung. Nur bei sehr großen Cups (ab D bis H) dienen sie bei einigen Modellen der Haltefunktion.
Ausschnitt
Der Ausschnitt eines Sport-BHs ist höher geschnitten. Er hat auch oft eine hohe Blende – bis unter die Achsel. So kann die obere Brust enger am Körper gehalten werden.
Einsätze
Einsätze auf der Seite und eine zusätzliche Sichel aus festerem Stoff seitlich der Cups stabilisieren die Brust auch zur Seite hin.
Unterbrustband
Das meist ergonomisch geformte Unterbrustband sitzt beim Sport-BH enger als bei konventionellen BHs. Für eine gute Passform darf es aber nicht einschneiden. Außerdem ist es breiter und leicht elastisch. Für einen guten Tragekomfort sorgen weiche Materialien. Beim Bustier geht es ohne Unterbrechung rund herum. Beim Medium- und v.a. beim High-Impact-Sport-BH wird es von einem Verschlusssystem vorne oder hinten auf dem Rücken unterbrochen, das eine genaue Anpassung ermöglicht und das An- und Ausziehen erleichtert. Zwei oder drei untereinander liegende Reihen Häkchen, meist dreifach verstellbar, übernehmen diese Funktion.Je höher der Impact und je größer die Cupgröße (ab D), desto mehr Häkchenreihen sind notwendig. Vorne kann neben Häkchen auch ein Reißverschluss die Verschlussfunktion übernehmen. Unabhängig vom System ist es wichtig, dass Häkchen bzw. Reißverschluss mit Stoff unterfüttert sind, um Druckstellen und Kratzen zu verhindern.
Schulterträger
Je bewegungsintensiver die Sportart ist, desto breiter sind die Schulterträger eines Sport-BHs. Nur so können sie ihre haltende Funktion übernehmen. Die Breite nimmt deshalb auch bei größeren Cups zu. Für einen guten Tragekomfort, aber auch für eine Entlastung der Schultern sorgen gepolsterte Träger bzw. Träger aus doppellagigem Stoff. Bei manchen Modellen sind sogar Gel-Pads integriert. Ergonomisch geschnittene und (stufenlos) längenverstellbare Träger, z. B. über Klettverschlüsse oder Hakensysteme (Abb. 6), dienen dem Tragekomfort.
Abb. 6: Über Hakensysteme können die Träger auch komplett gelöst werden, um das Aus- und Anziehen zu erleichtern.
Je mehr Bewegungsfreiheit die Arme brauchen, desto weiter liegen die Träger vom Hals weg. Im Rücken verlaufen die Träger konventionell oder gekreuzt. Manchmal können die Varianten sogar individuell gewählt werden. Die gekreuzte Variante, die es mit schmalen, aber auch mit breiten Trägern gibt, verhindert das Verrutschen der Träger und bietet mehr Bewegungsfreiheit für die Schultern. An der Rückenpartie lassen sich auch die unterschiedlichen Sport-BH-Kategorien unterscheiden (Abb. 7).
Abb. 7: Beim Low-Impact-Modell (links) liegt der Fokus auf der Optik und Bewegungsfreiheit. Beim Medium-Impact-Modell (mitte, Racer-/Ringerrücken) auf der Bewegungsfreiheit und auf dem sicheren Halt, beim High-Impact-Modell (rechts) auf der Bewegungsfreiheit und dem Feuchtigkeitsmanagement (Netzrücken). Außerdem ist dieses Modell mit Reflektoren ausgestattet, da es im Sommer auch solo getragen werden kann.
So passt der Sport-BH perfekt
Die Cups sollten bei der Anprobe keine Falten werfen, aber auch nicht zu sehr einengen. Größentabellen – auch internationale – findet man auf allen Internetseiten der bekannten Sport-BH-Hersteller. Zwischen Träger und Schulter sollten zwei Finger passen. Das Unterbrustband sollte ebenmäßig am Körper anliegen. Rutscht es auf der Rückseite hoch, ist es zu weit. Wichtig ist auch eine Kontrolle der Verarbeitung der Nähte. Sie dürfen keinesfalls kratzen.
Die Sportlerin sollte sich bei der Anprobe bewegen und hüpfen. Sitzt der Sport-BH richtig, bewegt er sich dabei nicht mit.
Die richtige Pflege
Sport-BHs können im Schonwaschgang bei 30 bis 40° C, manche auch bei 60° C in der Waschmaschine mit geschlossenen Häkchen oder geschlossenem Reisverschluss im Wäschesäckchen gewaschen werden. Eine regelmäßige Wäsche ist wichtig, weil Schweiß und Creme bzw. Hautfett das Material angreifen. Beim Waschen darf kein Weichspüler verwendet werden. Nach dem Waschen sollte ein Sport-BH nicht in den Trockner. Ist auch nicht notwendig, da das Material schnell trocknet. Außerdem darf er nicht in die Reinigung oder unter das Bügeleisen. Braucht er auch nicht, da das Material bügelfrei ist.
Last modified: 30. Juli 2024